Spätsommer an der Atlantikküste

Ah qui… la Bretagne… une des plus belles parts de la France. Naja, ehrlich gesagt sind die meisten Teile Frankreichs sehr beeindruckend und als Reiseziel gut geeignet. Wir haben uns diesmal eben für die Bretagne entschieden, wobei wir zuvor – weil es so schön war – ein paar Tage in der benachbarten Normandie hängen geblieben sind.

Destination

Frankreich ist vielschichtig. Nicht ohne Grund wird sie „la grande nation“ genannt. Auf unserer Reise quer durch das ganze Land haben wir verschiedenste Landschaften, Vegetationen, Mikroklimata und Siedlungsformen entdeckt – zwischen hohen Bergen, weiten sanften Ebenen und schroffen Klippen am Meer.

Unsere Route führte uns von der deutschen Grenze bei Freiburg ans andere Ende Frankreichs in die Bretagne. Wir waren Mitte September unterwegs, hatte also die Hauptreisezeit hinter uns, aber dafür so manchen Tag, an dem das Wetter nicht ganz so gnädig war.

Du willst wissen, wo wir uns herumgetrieben haben?

Einblick ins Reisetagebuch

Bodensee – Nancy – Reims – Beauvais – Caen:
Los ging es von zuhause über den Bodensee nach Deutschland. Weil wir mitten in der Nacht starteten, kamen wir recht rasch voran und machten unsere erste größere Pause in Freiburg. Dort spazierten wir eine Runde um den Badesee und suchten ein sonniges Plätzchen zum Mittagessen. Gestärkt gings dann im Auto weiter über die Grenze und Richtung Nordwesten. Den ersten Stop für die Nacht legten wir im Camping Domaine de la Nature (Beschreibung im Beitrag „Campingplatzguide“) in Vailly-sur-Aisne in der Nähe der Stadt Reims ein. Es war ein langer Tag, aber wir hatten mit über 850km einen großen Teil der Strecke geschafft. Die Nacht verbrachten wir neben einem idyllischen Kanal und zwischen Hühnern, Katzen und französischen Dauergästen.

Frankreich - Vailly-sur-Aisne

Der zweite recht lange Fahrtag führte uns nördlich von Paris, durch die Regionen Champagne-Ardenne und Picardie bis in die Normandie. Wir hatten nochmals etwa 400km zurückgelegt und dann: Ooooohhhh, la mer ! Weil wir armen Binnenstaatler kein Meer zuhause haben, ist eine steife Brise und die unvergleichliche Meeresluft beim Öffnen der Autotüre für viele von uns ein Inbegriff von „Ja! Ich bin im Urlaub angekommen!“ So ging es auch mir am Strand von Luc-sur-mer. Es war kalt und windig, aber das Rauschen des Meeres am endlos langen, flachen Sandstrand war magisch.

Wir waren also an den Stränden der Normandie gelandet, wie schon 80 Jahre zuvor die Schiffe, Flugzeuge und Soldaten der Alliierten.

Frankreich - Luc-sur-mer

Die Landungsstrände der Normandie (les Plages du Débarquement):
An den Ufern des Ärmelkanals hatte der große Gegenschlag der Alliierten Mächte im Jahr 1941 seinen Anfang genommen. Und ja, auch heute noch ist es DAS Thema der Region. In jedem Örtchen entlang der über 200km langen Küste zwischen Le Havre und Cherbourg gibt es Museen, Denkmäler, Fotos an Laternenmasten und Zeichnungen an Mauern, Bauwerke, Einschusslöcher, Straßennamen und viele andere Zeugen dieser fürchterlichen Zeit.

In Graye-sur-mer haben wir uns für zwei Nächte auf einem netten, einfachen, etwas unscheinbaren Campingplatz einquartiert (Camping Clos du Moulin – Beschreibung im Beitrag „Campingplatzguide“) und zum ersten Mal unsere Fahrräder aktiviert. Obwohl das Wetter eher schlecht als recht angekündigt war, haben wir ein bisschen Sonne und einen trockenen Tag erwischt und eine kleine Radtour nach Arromanches-les-Bains gemacht. Wir haben uns das 360° Filmmuseum angesehen, und einige Denkmäler erkundet, aber vor allem hat es uns der endlos weite, fast menschenleere Strand angetan. Hie und da sieht man verfallene Reste der Landungsbrücken aus dem Meer ragen. Und auch die verschlafenen, altmodischen und etwas vernachlässigt wirkenden Örtchen am Meer mit ihren kleinen Häuschen und sumpfigen Feldern dazwischen waren ein interessanter Anblick. Ganz besonders haben uns die Traktoren gefallen, die am flachen Strand bei Ebbe weit hinausfuhren, wo die dort gezüchteten Muscheln (Miesmuscheln und Austern) „geerntet“ wurden.

Normandie - Landungsstrände

Le Mont Saint Michel:
Die Reise führte uns weiter über Saint-Lô (immer noch in der Normandie) zum wohl bekanntesten Kloster, das im Meer „schwimmt“ – Mont Saint Michel. Schon hunderte Male auf Fotos bestaunt, wollte ich dieses architektonisch-sakrale Kunstwerk nun endlich mit eigenen Augen sehen. Die Anfahrt (erst mit dem Auto auf den heillos überteuerten Parkplatz, den wir uns hätten ersparen können) mit dem Fahrrad über den langen, erst wenige Jahre alten Steg war schon beeindruckend! Wir hatte eher Ebbe und fuhren ein Stück weit über das freigelegte Watt, in dem einige Wanderer herumstapften. Dann, am Eingang zum Kloster, nein zur Stadt, oder vielmehr zur Festung, fühlten wir uns ins Mittelalter zurückversetzt und kamen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Immer weiter kann man sich über kleine Treppchen zwischen den Häuschen aus Stein hinaufarbeiten, bis man irgendwann am eigentlichen Eingang zum Kloster ankommt. Was für ein Anblick! Dieser buchstäbliche Fels in der Brandung ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Es ist schon von weitem ein magischer Anblick, und von innen wie eine eigene in sich abgeschlossene, mittelalterliche Welt.

Frankreich - Le mont Saint Michel

Saint-Malo:
Endlich kamen wir in der Bretagne an. Wenige Kilometer westlich des Mont Saint Michel beginnt sie. Den nächsten Stopp haben wir in Saint-Malo geplant. Wir haben zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, wie schön diese Stadt eigentlich ist. Zwei volle Tage haben wir uns dann dort gegönnt, mit allen Annehmlichkeiten des Touristen-Daseins: Bootsfahrt durch die Bucht, Spaziergang auf der Stadtmauer, Kaffee am Strand, Austern im Hafen und ein Besuch des Meeres-Aquariums. Prädikat: sollte man gesehen haben!

Die meisten Strecken haben wir dabei mit dem Fahrrad (ca. 50km) zurückgelegt, denn unser Campingplatz lag etwas außerhalb der Stadt (La Ville Huchet – Beschreibung im Beitrag „Campingplatzguide“). An dieser Stelle ein Lob auf das sehr gut ausgebaute und angenehme Fahrradwege-Netz in Frankreich. Der Fahrradstreifen in Städten läuft meist am Rand der Fahrbahn, oder auf einem ausgewiesenen Gehsteig-Teil. Am Land werden oft Gehwege, Feldwege oder wenig befahrene Straßen dazu benutzt.

Frankreich - Saint Malo

Carnac:
Vor allem wegen des guten Wetterberichtes (im Herbst darf man die Reiseroute schon einmal ans Wetter anpassen) haben wir uns dann über Rennes Richtung Süden aufgemacht. Nach Carnac. Uns wurde empfohlen, uns die dortigen monolithischen Stätten anzusehen, wir haben aber schnell bemerkt, wie schön es in dieser Gegend generell ist. Wir haben uns also volle fünf Tage am Campingplatz Men Du (Beschreibung im Beitrag „Campingplatzguide“) direkt in Carnac einquartiert und haben jeden Tag mit dem Fahrrad eine andere Richtung eingeschlagen. Lustigerweise haben wir es dabei nicht geschafft, uns den eigentlichen Touristenmagnet, die Halbinsel Quiberon, anzusehen. Wir hatten aber mit den hübschen Buchten und Stränden, Austernzüchtern, Palourdes-Suchen, einem Triathlon und den monolithischen Dolmen, Tumulus, Menhir und Co. wirklich ein großartiges Programm. Auch hier würden wir jederzeit wieder hinfahren!

Frankreich - Carnac

Der Heimweg über Orleans und Colmar:
Unsere Heimreise kam leider wieder viel zu schnell auf uns zu. Sie war lang und wir wollten sie in Etappen machen und einen Zeitpuffer haben (man weiß ja nie). Die erste Etappe fuhren wir bis nach Orléans, wo wir am Stadtrand in einem fürchterlichen Campanile-Hotel schliefen. Wir vermissten unsere ruhigen Campingplätze und den kuscheligen begrenzten Schlafplatz im Auto.

Die zweite Etappe führte uns bis an die deutsche Grenze. Mulhouse ist ein wirklich nettes Städtchen, mit einem hübschen Altstadt-Kern. Viel Fachwerk, Fußgängerzonen, nette Boutiquen und ein großer Stadtplatz mit Dom und Rathaus. Übernachtet haben wir im Hotel Peonia at home (http://www.peonia.fr/new/index.html), nur wenige Minuten von der Altstadt entfernt. Das war ein Erlebnis: die ehrwürdige Villa (angeblich eine Villa des Seefahrers Dreyfus) wurde sehr geschmackvoll von der Besitzerin restauriert und wird als Bed and Breakfast mit GENIALEM Frühstück geführt.

Frankreich - Mulhouse

Nach dieser tollen Nacht in der Gründerzeit Villa wollten wir auf direktem Wege nach Hause. Dagegen schien aber plötzlich Emil etwas zu haben. Er piepste alle paar Minuten – Tank leer! Nachdem wir uns mit dem letzten Tropfen Diesel über die deutsche Grenze gerettet hatten (in Frankreich ist tanken nochmal teurer als in Deutschland), hatten wir Mühe, im stockenden Freiburger Wochenendverkehr eine Tankstelle anzupeilen. Als das endlich erledigt war und wir erleichtert Richtung Bodensee und Heimat fuhren, piepste er wieder. Diesmal war die Warnleuchte etwas kritischer – Ölstand niedrig! Auf der Überlandstraße im Höllental, auf Höhe der Ravennaschlucht, war es erneut schwierig, eine Tankstelle zu finden. Aber schließlich hatte das Schicksal erbarmen, und wir durften unsere Nachlässigkeit bei der Ölstandkontrolle mit teurem Tankstellenöl bezahlen. Zum Glück nahm Emils Motor keinen nachhaltigen Schaden. Und einige Stunden später haben wir nach einer atemberaubenden Fahrt über den Arlberg wieder zuhause eingeparkt.

Lustigerweise ist hier die Geschichte über Emils Mätzchen noch nicht zu Ende: zwei Tage später wollten wir ihn wieder benutzen, doch die Stromversorgung war tot – selbst die Zentralverriegelung per Fernbedienung ließ sich nicht mehr Öffnen… aber das ist eine andere Geschichte.

Oil warning

Einblick in die Finanzen

Abgesehen vom Reisetagebuch haben wir auch ein bisschen unsere Ausgaben im Blick behalten. Man stellt sich campen ja immer als „billigen“ Urlaub vor… das hängt aber schon sehr stark davon ab, wie man den eigenen Urlaub anlegt, worauf man Wert legt, und, ob man ein bisschen preissensibel agiert, oder eben nicht. Ich würde uns im soliden Mittelfeld des Campierens sehen: wir haben ein paar grundlegende Ansprüche (Dusche, Strom, Ruhe, …), stehen aber gar nicht auf noblen Schnickschnack beim Campen.

 

Frankreich ist ein perfektes Campingland aus meiner Sicht:

  • es gibt viele Campingplätze
  • diese sind sehr gut beschrieben: 2-Sterne steht für die absoluten Basics – 4-Sterne für Pool, Spielplätze, Restaurant, Toilettenpapier am WC und den beliebten deutschen „Brötchenservice“
  • die 2-Sterne-Plätze sind durchwegs günstig (ca. 20 EUR pro Nacht für einen Platz mit Strom) und bieten genau so wenig Comfort, wie wir es mögen: Sanitärhaus (im besten Fall geschlechtergetrennt 😉 und mit warmem Wasser), Abwaschplatz und Müllsammlung.
  • die idyllischsten Plätze liegen meistens relativ versteckt, sind klein und verwinkelt (oft hatten große Campingraumschiffe gar keine Chance, darin zu manövrieren) und bieten die absolute Erholung mit netten Nachbarn.

 

Wir haben in diesen 11 Nächten am Campingplatz genau 228 EUR ausgegeben. Ein Hotel (auch eine billige Absteige) kostet im Idealfall 80 EUR pro Nacht… vive le camping !

Camping La ville Huchet

La Cuisine

Niemand kann in Frankreich Urlaub machen, ohne unweigerlich mit dieser einzigartigen Küche in Berührung zu kommen. Meistens aßen wir im Restaurant zu Mittag. Wenn wir auf Achse waren, suchten wir uns etwas zum Holen oder einen Snack in der Stadt. Abends war kochen am Campingplatz angesagt, da die Campingplätze meistens etwas abseits lagen und wir in der Nacht ungerne Rad fuhren, weil kalt und dunkel. Wir schätzen die französische Art des Essens schon zuhause aus der Ferne immer sehr, aber ganz ehrlich: Frankreich überrascht kulinarisch jedes Mal aufs Neue. Wir waren von der Küche der Bretonen begeistert und hatten einige „erste Male“ zu verzeichnen:

  • Moules frites: der Klassiker unter den bretonischen Gerichten. Die Miesmuscheln werden immer mit Pommes serviert, den Sud kann man sich aussuchen: klassisch mit Weißwein, à la crème, mediterran oder auch ausgefallener. Jedenfalls immer ein Gedicht!
  • Hûitres: die schlüpfrig-salzigen Zeitgenossen leben ja vermutlich noch, wenn man sie schluckt… mit Zitrone oder Vinaigrette verfeinert sind sie auch nur bedingt essbar. Ich bin leider kein Fan geworden… Les coquillages erfreuen in der Normandie und der Bretagne aber einer großen Beliebtheit.
  • Cidre: der typisch bretonische vergorene Apfelsaft ist nicht nur süffig, sondern mit seiner Präsentation (Tonkrug und „Teetassen“) auch immer ein Hingucker auf dem Restauranttisch. Eiskalt genossen ist dieses schon sehr eigenwillige Getränk ein neuer Geheimtipp für uns. Britischer oder gar Österreich schmeck dagegen wie fahles Zuckerwasser!
  • Galette (de sarrasin): passt nicht nur perfekt zum Cidre, sondern schmeckt auch in jeder erdenklichen Variante gut. Mein persönlicher Favorit der Buchweizen-Crêpes: Complète (jambon, fromage, oeuf) avec salade. Flo’s Favorit – die süße Variante: Crêpe au caramel de beurre salé.
  • Bulots: naja, und weil es rund um die Bretagne so viel mehr gibt, kommt auch echt jedes Getier auf den Tisch. Überraschungsauftritt (ich habe wieder einmal eine Vorspeise bestellt, von der ich nicht wusste, was es ist) Meeresschnecke! Sowohl im typisch normannischen Auflauf (Crumble des bulots) als auch komplett pur (wahlweise mit Mayonnaise) sind sie ganz gut essbar – irgendwo zwischen Tintenfisch und Weinbergschnecke 😉
Huîtres