Eine Reise ans andere Ende der Welt
Die Idee entstand bei einem der vielen After-Russischkurs-Bierchen in Innsbruck. Schnell war klar, dass es einige Gleichgesinnte gab, die diese Reise ans andere Ende der Welt gemeinsam wagen wollten.
Die Planung begann im Dezember 2017, im August darauf sollte die Reise stattfinden. Um die Auswahl des Reiseveranstalters habe ich mich gekümmert, die Planung unserer Etappen haben wir dann gemeinsam vorgenommen – in stetigem Austausch mit dem russischen Incomer Kamchatin Tour. Den RUSSISCHEN Incomer habe ich deshalb ausgesucht, weil ich nicht so begeistert war von all den deutsch-sprachigen Angeboten, die mir teilweise unauthentisch und übertrieben teuer vorkamen. Außerdem sprechen wir ja ein bisschen Russisch und hatten daher auch im Internet eine größere Bandbreite an Auswahlmöglichkeiten. Die Auswahl hat sich als wirklicher Glücksgriff erwiesen, die Korrespondenz (die dann doch in Englisch stattfand) war relativ einfach und die Inputs waren eine super Hilfestellung. So haben wir uns einen zweiwöchigen Aufenthalt mit verschiedenen Exkursionen zusammengestellt, mit denen jeder einverstanden war.
Die Flugbuchung haben wir über ein Reisebüro (Lampe Reisen in Hall) gemacht, da wir feststellten, dass es gar nicht so einfach ist, mehrere Tausend Euro für mehrere Flüge per Kreditkarte zu bezahlen. Abgesehen davon habe ich festgestellt, dass Banken generell ziemlich skeptisch reagieren, wenn man mehrere Tausend Euro an einen russichen Incomer überweisen möchte. Nach mehrfacher Nachfrage und Versicherung, dass ich das WIRKLICH tun möchte, ging die Überweisung endlich durch und das Abenteuer war nicht mehr weit!
Flug: München – Moskau – Petropawlowsk Kamtschatski
Fortbewegung: Minibus und Kamaz
Unterbringung: Hotels und Basislager am Berg
Buchung über: Kamchatin Tour
Destination
Kamtschatka (Камчаткa) ist eine Halbinsel im äußersten Osten von Russland. Es liegt an der Beringsee, in der nördlichen Verlängerung der japanischen Inseln und hatte zu Eiszeiten eine Direktverbindung nach Alaska. Man merkt schon, wir sprechen hier von einer anderen Welt, genau genommen von einer Reise zur anderen Seite unserer Erde!
Das Land der Vulkane, Bären und Lachse hat uns einiges abverlangt. Zugleich hat es uns Einblicke in Naturspektakel und unberührte Landschaften geboten, die man als Europäer gar nicht zu träumen wagt. Auf 370.000 km2 Fläche (ähnlich wie Deutschland) leben gerade einmal 300.000 Menschen. Mehr als die Hälfte davon leben in der Hauptstadt. Der Rest ist pure Wildnis.
Mehr Infos zu Kamtschatka zB unter:
https://visitkamchatka.ru/
Wir haben eigentlich nur einen sehr kleinen Teil Kamtschatkas gesehen. Es gibt dort nicht viel, vor allem nicht viele asphaltierte Straßen. Man kommt vor allem im Bergland nur im Schneckentempo voran. 30 Kilometer bedeuten schon mal 2 Stunden Fahrt, oder mehr. Sobald man sich aus der Hauptstadt entfernt, und die Nord-Süd-Achse verlässt, findet man sich auf holprigen, unbefestigten, schlammigen Pisten oder gar im steinig-ausgewaschenen Bachbett wieder. Kein Wunder, dass wir viele Stunden in unserem Touristen-Truck mit Traktorreifen und ohne nennenswerte Stoßdämpfung verbrachten…
Unsere Exkursionen und Entdeckungen
Die Hauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski
Die Hauptstadt (Петропaвловск-Камчатский) war die erste und letzte Station unserer Reise. Naheliegend, weil man nur von hier einen Flieger nach Moskau besteigen kann. Dieser „Inlandsflug“ dauerte schlappe 10 Stunden. Ungefähr genauso groß war die Zeitverschiebung, sodass wir etwa um 15 Uhr abflogen, und um 15 Uhr wiederum in Moskau ankamen. Dieser vorletzte Tag unserer Reise war ein langer Tag!
In Petropawlowsk haben wir insgesamt fünf Nächte in zwei verschiedenen Hotels verbracht. Einige unserer Exkursionen konnten wir direkt von der Hauptstadt aus starten, darunter Bootsfahrten, Vulkanbesteigungen und ein Helikopterflug.
Aber auch kleine Spaziergänge, etwa zum Stadtstrand, zum Aussichtsberg oder einfach nur zum Abendessen in den „Food Court“ des Einkaufszentrums über der Markthalle, waren durchaus einzigartig. Einen halben Tag bekamen wir auch eine Stadtführung zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Nicht zu vergleichen mit einer Stadtführung in Wien, aber auch kommunistische Statuen und rostige Hafenanlagen bergen einen gewissen Charme 😉
Bootsfahrt in der Avacha-Bucht (Авачинская губа)
Vorweg: diese Bootsfahrt haben wir tatsächlich zwei Mal gemacht. Und das nicht, weil sie uns so gut gefallen hat, sondern, weil wir beim ersten Mal schlicht Wetterpech hatten. Regen, Wind, Wellen und Nebelschwaden… wir haben weder Robben noch Vögel noch sonst irgendein Tier zu Gesicht bekommen – naja, mit Ausnahme der Königskrabbe im Suppentopf…
Jedenfalls hat sich der zweite Anlauf, den wir beim Reiseveranstalter an einem der letzten Tage nochmal gebucht haben, wirklich gelohnt. Wir sahen hunderte Vögel, kamen sehr nahe an die Robben, durften angeln, schossen wundervolle Fotos und ein Crewmitglied hat uns sogar ein paar Meerestierchen aus der Bucht hochgetaucht. Ein wunderbarer Ausflug!
Schlittenhunde und Rentiere (Снежные псы)
In einem Land, das jeden Winter mehrere Monate unter einer dicken Schneedecke vergraben wird, ist es nicht verwunderlich, dass Schlittenhunde hoch im Kurs stehen. Diese hatten bei etwa 15°C und Sonnenschein sichtlich schon zu heiß, konnten es aber trotzdem kaum erwarten, vor den Schlitten gespannt zu werden. Was für ein Geheule 🙂
Auf der Farm etwas außerhalb von Petropawlowsk (Eyvet) leben gut 100 Hunde, 25 Rentiere, ein Beringia-Veteran und mehrere Nachfahren der „Ureinwohner“ Kamtschatkas, die von den Russen nicht komplett harmonisiert wurden. Lange, bevor sich die Russen die Halbinsel als strategischen Militärstützpunkt einverleibten, lebten hier Viechzüchter und Nomaden: Korjaken, Itelmenen, Ewenen, Tschuktschen und Aleuten. Viele wurden vertrieben, getötet oder eben unterworfen und russifiziert. Die alten Rituale der indigenen Bevölkerung feiern scheinbar nun eine Renaissance, es gibt Feste und Feiertage. Die angesiedelten „echten Russen“ nehmen diese gerne an. Man hat ja sonst nicht viel in dieser Gegend.
Wir konnten also auf der Farm die Rentiere füttern, die Hunde streicheln, den Gesängen der Ureinwohner lauschen, die die Naturgeister ehren und sogar eine Runde mit dem Hundeschlitten mitfahren. Wir bekamen in einer großen Jurte ein feines Mittagessen und Geschichten über das legendäre Hundeschlittenrennen Beringia und über tragische Begegnungen der Farmer mit den allgegenwärtigen Kamtschatka-Braunbären serviert. Folklore muss eben auch sein!
Die Thermalbecken von Malka (Термальные источники в Малкe)
Es geht doch nichts über ein feines Bad im warmen Wasser nach einer regnerischen Wanderung. Die Anlage ist sehr natürlich (um nicht zu sagen sporadisch) gehalten, es gibt zwei „Umkleidekabinchen“ und einen gepflasterten Weg. Den Rest muss man sich schon selbst zusammenreimen. Es gab wärmere und kühlere Pools, der wärmste bei ca. 40 Grad. Alle bis auf einen mochten das warme Wasser und gönnten sich etwas Wellness. Der kleine Abstecher ins natürliche Thermalbad unter freiem Himmel war uns sehr willkommen.
Lachsfischen im Fluss Bystraya (Сплав со спортивной рыбалкой по реке Быстрой)
Dieser Ausflug fing schon gut an. Mächtiges Hundegebell war unsere Begrüßung, die Miene unseres Guides Sascha war angespannt. Es sollte der Tag unserer zahlreichsten Bärensichtungen werden.
Geplant war eine gemütliche Bootsfahrt in den Seitenarmen des Bystraya Flusses, mit ein bisschen Fischen und einer wärmenden Fischsuppe am Ende. Bekommen haben wir einen Bären direkt neben dem Camp, einen kleinen Bären und eine Familie mit vier Bären während der Bootsfahrt am Ufer und ein ganzes Ruderboot voller Lachse (alleine in diesem Fluss tummeln sich sechs verschiedene Arten) inklusive Kaviar. Nur von der Fischsuppe war nicht mehr viel übrig, weil unser Guide Sascha und unser Bootsführer beim Lachsfischen fast die Zeit vergaßen 🙂
Geothermie Kraftwerk Mutnowski (Дачные источники)
Unten Matsch, oben Wasser, dazwischen Dampf. Wasser marsch.
An diesem Tag hatten wir wohl das mieseste Wetter der ganzen Reise. Nach einer fast dreistündigen Fahrt auf einer holprigen Bergstraße kamen wir „am Ende“ der Straße an – beim Geothermie Kraftwerk im Mutnowski Massiv. Wir stiegen in voller Regenmontur etwas widerwillig aus und rutschen die schlammigen Wege zwischen dampfenden Fumarolen durch das Areal. Wir kamen am hinteren Ende an immerwährenden Schneefeldern an, die selbst vom heißen Wasserdampf aus dem Erdinneren unbeeindruckt sind. Wir waren nach unserer kleinen Wanderung vollkommen durchnässt, aber stolz – denn keiner von uns war im Schlamm ausgerutscht 😉
Snow Valley (Снежная долина)
Das El Dorado der Heli-Skier. Hier verbrachten wir zwei Nächte in den Hütten, die offensichtlich auf große Schneemengen im Winter ausgelegt sind. Der untere Eingang ist bei 2-3 Meter Schnee wahrscheinlich nicht mehr in Betrieb, weshalb jede Hütte einen ersten Stock mit Treppe hat.
Vor einigen Hütten blubbern kleine Thermalpools vor sich hin. Es gibt doppelstöckige Garagen mit Auffahrtsrampe für Skidoos. Man kann in direkter Nähe mit dem Hubschrauber abheben zu den nahen Bergrücken.
Wir hatten auch im Sommer unseren Spaß mit dem Trockenraum in der Hütte, den wir für all unsere durchnässte Kleidung brauchten. Und dann gabs noch japanisches Bier und ein paar Gitarreneinlagen von unserem Fahrer und unserem Winfried in der Kantine.
Viljuzinski Wasserfall (Вилючинский водопад)
„Zum Fürchten schön“ – sagt man so salopp dahin. Warum diese kleine Wanderung dieses Prädikat verdient?
Unser Bergführer war an sich ein sehr entspannter Typ. Er wusste mit unerfahrenen Wanderern umzugehen und war erstaunt über unsere Bergkondition 😉 Er war ein eher ruhiger Mensch. Aber als wir aus unserem Truck ausstiegen, um eine kleine Wanderung zum Wasserfall zu machen (als unerwartete Entschädigung, weil wir den Vulkansee nicht gesehen hatten), war er plötzlich aufmerksam, etwas steif und in Alarmbereitschaft. Grund: Bären. Er sagte uns, dass es Anzeichen gäbe und auch Berichte, dass sich in der Nähe Bären herumtreiben. Er klärte uns eindringlich darüber auf, wie wir uns verhalten sollten, wenn es tatsächlich zu einer Begegnung kommen sollte: Rucksäcke hoch, groß machen, als Gruppe groß wirken, laut sein und bloß nicht in verschiedene Richtungen durch die Gegend laufen!
Der Weg führte zwar über einen anfangs breiten Weg Richtung Schlucht, die dichte Vegetation links und rechts des Weges jagte uns (also mir auf jeden Fall) aber schon ein bisschen Angst ein…
Passiert ist zum Glück nichts, und wir kamen unversehrt am Wasserfall an. Plötzlich öffnete sich das Unterholz zu einem Canyon und leichter Sprühnebel empfing uns am Wasserfall. Beeindruckend!
Schwarzer Strand (Халактырский пляж)
Etwa 20 Minuten entfernt von Petropawlowsk gibt es einen faszinierenden Strand. Der Sand ist dunkelgrau bis schwarz. Das Vulkanpanorama ist beeindruckend. Man sieht weder Anfang noch Ende. Und – kaum zu glauben – es gibt dort sogar eine Surfschule.
Wir haben die Zeit für individuelle lange Spaziergänge genutzt und unseren eigenen kleinen Avacha Vulkan gebaut. Die Tanzkünste der Ahnen, die wir auf der Schlittenhundefarm gelernt hatten, wurden gleich angewendet und der Vulkan wurde geehrt 🙂
2020 gab es just an diesen Ufern eine gewaltige Umweltkatastrophe, die Kamtschatka in die Medien brachte:
https://de.euronews.com/2020/10/05/kamtschatka-mysterioses-massensterben-von-meerestieren
Und weil es so schön ist, hier noch ein kleiner Zusammenschnitt der traditionellen Tänze Kamtschatkas:
Die Vulkane
Gorely (Восхождение на вулкан Горелый)
Wenn einem das Wetter aber so richtig die Show vermiest…
Wir hatten erneut eine ewig lange Fahrt im Kamaz hinter uns. Wir kamen in einer kleinen Talsenke an, in der zwei weitere Trucks und sogar Zelte standen. Wir waren am Fuß des Vulkans Gorely. Diese Wanderung ist normalerweise besonders spannend, weil am oberen Ende, im Vulkankrater, ein ziemlich schöner See ist. Wir begannen den Anstieg, der ca. 2 Stunden dauerte, bei ein paar Sonnenstrahlen. Wir hatten aber nicht auf der Rechnung, dass im oberen Drittel eine riesige Nebelbank hereinziehen würde, die uns leichten Nieselregen bescherte und eine Fernsicht von 5 Metern. Und sie blieb. Unser Bergführer sagte uns zwar irgendwann, dass wir am Ziel wären (auf ca. 1800m) und „dort unten“ der Kratersee sei, aber naja, wir mussten ohne spektakuläre Aussicht leider den Heimweg antreten. Zwei Highlights: Wir sahen Hasen und einen buschigen Fuchs. Außerdem war der Abstieg durchs Schneefeld eine spaßige Rutschpartie.
Vazkashez (Треккинг к горе Вачкажец)
Definitiv inaktiv. Nichtsdestoweniger ein ziemlich cooler, fast kreisrunder Krater. Diesen erreichten wir nach einer etwa zweistündigen Wanderung durch dichte Vegetation, durchzogen von Bächen und zerklüfteten Abbrüchen. Die Botaniker unter uns waren hoch erfreut ob der Artenvielfalt, die diese Landschaft bot!
Es war unsere erste Wanderung. Das Wetter war feucht, die Böden matschig. Mücken waren überall… eine Gruppe Asiaten kam an uns vorbei mit Imkerhüten. Naja, sah blöd aus, war vermutlich aber effektiv. Gleich zu Beginn zeigte uns unser Guide Sascha ein paar Bärenspuren im Matsch. Er hatte seinen Sohn dabei (zwei Augen sehen mehr als eines) und trug Tarnkleidung… vielleicht hatte er auch eine Pistole dabei…
Avacha (Восхождение на Авачинский вулкан) oder: wie wir das „Kamel“ bestiegen
Die Wetterprognose war schlecht. Wir stiegen dennoch in den Minibus und fuhren hinaus aus Petropawlowsk. Die Straßen wurden dünner, irgendwann bogen wir in einen schlammigen Waldweg ein. Dort blieben wir stehen – direkt vor unserem neuen besten Freund, dem Kamaz! Dieser dicke Bus sollte uns die weiteren Tage stetig begleiten. Er war riesig, vertrauenserweckend, und hatte im Innenraum eine richtige Heizung. Das einzige, was er nicht so hatte, war Stoßdämpfung.
Wir fuhren also los. Durchs Dickicht brachen wir durch in einen…Bach. Ein weites, stark ausgeschwemmtes Bachbett, momentan trocken. Die Felsbrocken und unterspülten Seitenwände, die Baumstämme und Niveauunterschiede steckte der Kamaz locker weg. Wir nicht so, physisch UND psychisch. Wir fuhren definitiv in die Wildnis. Es regnete in Strömen, und mit jedem Höhenmeter wurde es etwas unsympathischer draußen.
Auf nur ca. 900m Höhe waren wir am Ziel. Mondlandschaft. Wir waren im Basislager angekommen. Durch den dichten Nebel und peitschenden Regen sahen wir gar nichts. Wir hievten unser Gepäck in unseren Container: 5 Stockbetten, eine Heizung, ein Fenster und 9 Mann (Sascha schlief auch hier). Kuschelig. Dusche ist nicht. Plumpsklo ums Eck. Die Kantine war fast ein Ort des Überflusses 😉
Wir bekamen guten Plov, Bier und schwatzten den Babushki sogar noch ein Flascherl Vodka ab (den wir dann im Container trinken mussten, weil die netten Damen uns nach dem Abendessen hinausschmissen).
Der nächste Morgen war frisch, aber das Wetter war besser. Wir hatten am Vorabend entschieden, den ersehnten Vulkan (2741m) NICHT zu besteigen. Über 1500hm Anstieg auf einem windigen Kamm mit bröseligem Untergrund, oben Schneefelder, Wetter unsicher… wir haben uns vernünftigerweise dagagen entschieden. PS: Eine Gruppe Asiaten wagte den Versuch eines Aufstiegs. Wie die Ameisen sah man sie vom Lager aus am Grad aufgereiht entlang gehen. Nieselregen und Wind. Sie kamen bis zur ersten Pausenstation, dann mussten sie umkehren… PPS: Ich hatte mir eine miese Blasenentzündung eingefangen, und hätte mich sowieso nicht getraut, mitzugehen.
Wir frühstückten also nach einer kurzen Katzenwäsche im Freien sehr entspannt und starteten dann mit unserer Bergführerin zum „Kamel“ (Верблюд). Es war ein kurzer intensiver Ansteig auf dem gerölligen Untergrund. Der Kamelsattel war schon vom Basislager aus gut zu sehen. Das Wetter war wechselhaft, eher unfreundlich, aber wir hatten zumindest einen Gipfelsieg! Am Nachmittag wollten wir noch eine botanisch und geologisch angehauchte Wanderung auf einen benachbarten Hügel unternehmen, aber das Wetter zwang uns recht bald zum Umkehren. Zahlreiche Gebirgsblümchen, Schwarzhut-Murmeltier-Baue und Permafrost-Linien waren trotzdem spannend.
Abends durften wir noch einem echten Brauchtumsspektakel beiwohnen. Zu Ehren des Vulkans Avacha kamen Tänzer und eine große Anzahl an Einheimischen (die bei diesen Bedingungen sogar am Vulkan campten), um einen Feiertag zu begehen.
Das absolute Ober-Highlight
Helikopterflug ins Tal der Geysire und zur Caldera Uzon (Вертолетная экскурсия в Долину Гейзеров и Узон)
Diesen ganztägigen Ausflug haben wir uns auf Option gehalten. Er hat mit gut 500€ einen tiefen Griff in die Reisekassa erfordert und jeder sollte am Ende selbst entscheiden, ob er dabei ist, oder nicht.
Sagen wir es so: es waren alle dabei, und ein NEIN darf man sich bei so einer einmaligen Gelegenheit fast nicht zumuten. Zumal wir gerade an diesem Tag so dermaßen traumhaftes Wetter hatten, als hätte eine höhere Macht nun doch Mitleid mit uns bekommen…
Los ging es am Flugfeld am Rande der Hauptstadt. Der alte Heli hatte Platz für gut 20 Personen, so saßen wir mit ein paar russischen Touristen gemeinsam im „Laderaum“. Wir bekamen Kopfhörer (und verstanden beim Start auch gleich, warum) und die schnelleren von uns ergatterten einen Platz an einem der kleinen Bullaugen.
Der erste Flug ging an Petropawlowsk vorbei, eine Ebene entlang hinein in die Welt der (teilweise aktiven) Vulkane. Wahnsinnige Aussichten wurden uns geboten! Nach etwa einer Stunde erreichten wir das Massiv des Kronotsky Vulkans und landeten am Eingang zum Tal der Geysire. Schon die Landung war spektakulär, aber die geführte Tour durch dieses idyllische, dampfende, lebendige kleine Tal übertraf alle Hoffnungen. Wir waren im Himmel.
Was wir nicht wussten: es kann sogar NOCH schöner werden! Wir wurden nach der Tour (übrigens mit Ranger, der die Bärensituation ständig im Auge und die Gruppe zusammen behält) gebeten, den Hubschrauber wieder zu besteigen. Einen kurzen Flug später fanden wir uns in der beeindruckenden Caldera Uzon wieder, ein mächtiger einst kollabierter Vulkan, dessen Krater nun die Ausmaße von ca. 12km Durchmesser hat. Darin befindet sich ein dampfendes Paradies, das mit ausladenden Seen und übertrieben farbiger und üppiger Fauna und Flora beeindruckt. Wir gingen die Holzpfade entlang, wunderten uns noch über die junge weibliche Rangerin mit Gewehr, und sahen dann im fernen Grasland tatsächlichen einen Bären herumstreifen.
Wir machten uns nach viel zu kurzer Zeit wieder auf den Weg zum Hubschrauber. Auch der Rückflug hielt noch eine Überraschung für uns bereit: wir landeten nochmals zwischen in einem netten Reservat am Fluss. Wir bekamen ein spätes Mittagessen und die Gelegenheit, in ein Thermalbad zu gehen, zu fischen oder die Aussicht vom Fluss aus auf die Vulkane zu genießen.
Dann flogen wir wirklich zurück. Sahen sogar vom Hubschrauber aus nochmals Bären durch die Gegend ziehen und kamen vollgepackt mit außergewöhlichen Eindrücken wieder zurück in die Hauptstadt.
Kleiner Tribut an unsere harmonische Truppe
Unser Grüppchen setzte sich aus 8 Personen zusammen. Vier von uns kennen sich schon einige Jahre aus dem Russischkurs in Innsbruck (Thomas, Andy, Fritz und ich). Weitere vier kamen aus Andy’s Familie und Freundeskreis dazu (Anna, Anna, Cilli und Winfried). Jeder hatte so seine Gründe, mitzukommen. Wie sich herausstellen sollte, war unsere kleine Expeditionsgruppe eine unglaubliche Bereicherung für uns alle. Wir haben gemeinsam das Beste aus unseren Tagen in Kamtschatka herausgeholt und hatten viel Spaß miteinander.
Guide Sascha
Laut Tourplan hatten wir einen Reiseleiter im Paket dabei – der auch wirklich nötig war! Erwartet haben wir einen steifen Russen, der nur wenig Englisch spricht und uns wie ein Militärhauptmann durch die Gegend scheucht. Bekommen haben wir einen knorrigen, quirligen „Sascha“, der uns gleich auf Deutsch angesprochen hat. Wir erfuhren, dass er gerne Bären jagt und zu jeder Situation hatte er eine spaßige Anekdote auf Lager.
Er hat wohl einige Jahrzehnte in Deutschland (im Exil) gelebt, bevor es ihn mit zweiter Ehefrau und Sohn in den extremen Osten Russlands verschlagen hat. Dort ist er nun als Reiseführer für Bärenjäger, Lachsfischer oder weniger todeswütige Touristen tätig und freut sich seines Lebens. Vor allem Gruppen aus dem deutschsprachigen Raum sind in den letzten Jahren mehr geworden, weshalb er immer etwas zu tun hat. Einmal mussten wir mit der Zweitbesetzung Vorlieb nehmen, weil Sascha zu einer spießigen Österreichergruppe abkommandiert wurde, die am Geothermie Kraftwerk wegen so ein bisschen Starkregens nicht mal aus dem Kamaz aussteigen wollten. Wir schon – und wir haben dafür postwendend Lob von Sascha bekommen!
Ein cooler Typ mit echten Nehmer-Qualitäten, Tarnanzug und ein bisschen Clown-Faktor!